Samstag, 5. Juli 2008

Die Pflicht zu Leben

Oder:
Darf ein Mensch selbst über das Ende seines Lebens entscheiden?


Während der Bundestag sich darüber nicht einig ist und Frau Bundeskanzerlin in einem recht klaren Statement zu verstehen gegeben hat, dass sie absolut gegen eine Selbstbestimmung eines jeden einzelnen Bürgers in puncto Lebensende sei, ist für viele Menschen, die über Jahre in Krankenhäusern, Hospitzen und Altersheimen liegen, das langsame und unwürdige Dahinsiechen (oder die Angst davor) für viele Menschen bittere Realität.

Der Tod ist in der heutigen Gesellschaft, so habe ich den Eindruck, eines der größten Tabus.
Während Kirchen und kirchennahe Parteien Sturm dagegen laufen, dass der Mensch selbst über seinen Tod bestimmen kann, machen sich die einen oder anderen Mitmenschen im stillen Kämmerlein doch so ihre Gedanken darüber.
Vor allen Dingen in Anbetracht der Tatsache, dass es der heutige medizinische Stand ermöglicht, ein Menschenleben um Jahre und Jahrzehnte hinaus zu erhalten.
Oder zumindest den menschlichen Körper mit Nährstoffen zu versorgen, auch wenn der Mensch nicht mehr im Bewusst-Sein steht.

Lebenserhaltung unter allen Umständen scheinen sich Kirchen und kirchennahe Parteien auf die Fahne zu schreiben. Schließlich darf nur Gott allein über den Tod eines Menschen entscheiden.
Wobei dabei der Willen und die Selbstbestimmung eines jeden Menschen einfach überrannt und missachtet wird.
Ärzte berufen sich gern auf ihren Hippokratischen Eid, wobei in der aktuellen Form nicht die Rede davon ist, auf Biegen und Brechen ein menschliches Leben zu erhalten.

GELÖBNIS:
Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich:
mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben.

Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.

Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren.

Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten.

Meine Kolleginnen und Kollegen sollen meine Schwestern und Brüder sein.

Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflussen lassen durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung.

Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden.

Dies alles verspreche ich feierlich und frei auf meine Ehre.


Nun, aber vielleicht ziehen die Ärzte es aus den Passagen, dass die Gesundheit des Patienten oberstes Gebot sein und er jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfucht entgegen bringen soll.


Was in mir mittlerweile einige Fragezeichen aufwirft ist die Frage:
Was ist Menschlichkeit?

Anscheinend gibt es so viele verschiedene Ansichten zu diesem schwammigen Begriff wie es Menschen auf dieser Erde gibt.

Entspricht es der Menschlichkeit, einen seit Jahren oder gar Jahrzehnten im Wachkoma liegenden Menschen dahinsiechen zu lassen?
Entspricht es der Menschlichkeit, einen alten Menschen, der nicht mehr leben will, weil er des Lebens überdrüssig ist, weder körperlich noch kann noch geistig, der einsam und allein in einem Altersheim oder einem Hospitz dahin vegitiert mit allen medizinischen Errungenschaften zum Leben zu zwingen?
Entspricht es der Menschlichkeit, einem Menschen, der schwerst erkrankt ist und keine Hoffnung auf Heilung haben kann, ihn den Wunsch zu verweigern, in Würde und im Kreis der Familie ohne Schmerzmittel und im vollem Bewusstsein von dieser Welt zu scheiden?

Und nicht zu Letzt:
Haben Politiker und Kirchen das Recht darüber zu bestimmen, ob, wann und warum sich ein Mensch das Leben nimmt?

Ob ich heute, morgen oder irgendwann in ferner Zukunft aus dem Leben scheiden WILL-Das will ICH entscheiden und nicht irgendein daher gelaufener Politiker oder gar der Vertreter einer Religion, der ich gar nicht angehöre!
Ich spreche unseren Politikern und diversen religiösen Führern jegliches Recht dazu ab, über mein Leben zu bestimmen.
Oder sind wir schon so weit, dass die Grundgesetz verankerte Freiheit der Person nur eine Farce ist?
Mein Eindruck verstärkt sich in der Hinsicht immer weiter.

Ich persönlich würde es wesentlich erleichternd finden, wenn der Willen des Menschen erst recht in puncto Tod respektiert und ernst genommen werden würde und nicht daraus unsinnige und unnötige Diskussionen entstehen würden.

Ärztestand hin, "kommerzielle" Sterbehilfe-Organisationen her.
Meiner Meinung nach wären Ärtze die einzigen wirklich kompetenten Ansprechpartner für Menschen, die sich entscheiden, von dieser Welt zu scheiden.
Dazu kommt die Tatsache, dass sie dabei helfen können, den Tod des Menschen so schnell und schmerzlos von statten gehen zu lassen, das er einfach einschläft und nicht mehr aufwacht.
Ich habe meine Bedenken, dass dies bei den Sterbehilfe-Organisationen so einfach der Fall ist und es dort schneller mal zu ungewollten Quälereien führen kann.

Der Wille jedes einzelnen Menschen steht an erster Stelle, erst recht, wenn er in schriftlicher Form einer Patientenverfügung vorliegt, in der ein Mensch lebenserhaltendende oder -verlängernde Maßnahmen ablehnt.
Was gibt es da dann großartig zu diskutieren?
Nur weil Ärzte oder Politiker der Meinung seien, sie wüssten den Willen des entsprechenden Menschen besser, als seine Angehörigen oder gar er selbst? Und sei es in der Form seiner Patientenverfügung?
Es ist unglaublich und respektlos.


Wenn Sterbehilfe nicht gesellschaftlich und rechtlich akzeptiert wird, ist es dann nicht verwunderlich, wenn betroffene Menschen dann schlicht den Weg des Suizids gehen?
Egal wie man es dreht oder wendet:
Wenn ein Mensch nicht mehr leben möchte, egal aus welchem Grund, ist es die Entscheidung des- oder derjenigen, niemandes sonst.-Auch wenn sich das vielleicht ein wenig hart oder "kalt" anhören mag.

Ich selbst würde davor vermutlich (sollte ich dazu dann noch in der Lage sein) auch nicht zurück schrecken.
Das ist mir wesentlich lieber, als irgendwo herum zu siechen, nicht mehr am Leben teil nehmen zu können und im Prinzip nur noch irgendwelchen Krankenhäusern und Ärzten, oder sonstigen Institutionen Geld in den Rachen zu schütten, weil sie meinen Willen missachten.


LG
Siat



Gegen das Schweigen

Schweigen tötet


Schweigen kostet Tränen
Schweigen kostet Kraft
Auch wenns Dich sicher wähnte
Du verlierst nur Deine Macht

Fremd bestimmt durchs Leben wandeln
Nur nach dem Willen andrer handeln
Verlierst durch Schweigen nur Dich selbst
Bist nur so, wie´s and´ren gefällt

And´re sagen, was Du darfst
And´re sagen, was Du schaffst
Nur, Du selbst bleibst auf der Strecke
Darfst im Schweigen Du verrecken

Schweigen das Gebot der Stunde
Schweigen soll verdecken Sünde
Was dereinst geschehen war
Darf niemals werden offenbar

Rücksicht auf die andern nehmen
Schließlich Heile Welt sie wähnen
"Halt die Schnauze! Sage nichts!
Das Glück der and´ren sonst zerbricht.

Schweige! Schweige! Ich tu´s auch!
Nur nach dem Wohl der and´ren schau!
Schei...ß egal, was Dir passiert
Allein das Schweigen Dich hier ehrt!"

Schweigen tötet-Bricht das Leben
Schweigen nimmt des Menschen Streben
Wer glaubt, dies ist der beste Weg
Nimmt in Kauf, das ein Mensch verreckt.

Lange hast Du dies getan
Bist verfall´n den Schweige-Wahn
Heute dieses Gift Dich lähmt
Dich krank macht...-Und am Leben hemmt.

Schweigen kostet Tränen
Schweigen kostet Kraft
Doch ich will endlich leben!
Mir nehmen meine Macht!

© Siat
26. 06. 2008